Die aktuelle Rolle der Frau zwischen ungeahnten Powerkräften und Ausbrennen

Was sind Deine Bedürfnisse und Wünsche? Kennst Du sie? Gibst Du ihnen Raum?

Seit über einem Jahr befindet sich die Welt in einem Ausnahmezustand. Vor allem wir Frauen sind gefordert (Ausnahmen bestätigen die Regel, versteht sich). Nicht selten mit inneren Dialogen wie diesem: „Homeoffice und Homeschooling – das schaffe ich schon mit meinen Kindern. Schließlich habe ich nur zwei. Die Nachbarin von Gegenüber hat vier. Die schafft das doch auch. Wie macht sie das bloß?“ Wir Frauen und Mütter waren auch vor Corona bereits mit unseren Rollen (Frau, Freundin, Mutter, Seelsorgerin, Köchin, Haushaltsfee, Näherin, Arbeitnehmerin, u.v.m.) beschäftigt. Die äußere Struktur und das Netzwerk, das wir uns jahrelang aufbauen, unterstützen uns stets dabei. Doch was passiert, wenn sowas wie Corona passiert und unser System auseinanderbricht? Was passiert mit unseren Rollen, mit uns und unseren Beziehungen?

Seit Beginn der Pandemie lese ich sehr viel in unterschiedlichen Kanälen, in denen Frauen und Mütter sich und ihre Situation zu Hause schildern und austauschen.

Zu Beginn gingen die Posts eher noch in Richtung: „Puh, endlich mal Pause und raus aus dem Hamsterrad. Schön, dass die Familie zusammen ist und der Mann mehr zu Hause ...“, etc.

Doch mit der Zeit veränderten sich die Beiträge. Sie klangen mehr und mehr wie Hilfe-Rufe und nach Verzweiflung. Und es kamen Fragen, wie „Was passiert eigentlich, wenn ich morgen nicht aufstehe, weil ich nicht mehr kann?“

Was ist also passiert?

Prinzipiell ist es so (und ja, Ausnahmen gibt es immer), dass wir Frauen den Alltag organisieren. Wir planen und durchdenken alles. Wann muss wer aufstehen? Wer bekommt was zu Essen mit (in den Kindergarten / in die Schule)? Wer kommt wann nach Hause? Welcher Sport / Aktivität steht bei wem wann an? Was muss eingekauft werden? Waschen? Haushalt? Oh, Halt! Ich habe ja auch noch einen anderen Job. Und meine Ehe? Die gibt es ja eigentlich auch noch. Und was ist mit mir und meinen Bedürfnissen …?

Das alles unter einen Hut zu bekommen, ist in normalen Zeiten schon ein Drahtseilakt und bedarf höchster Manager-Qualitäten. Doch wenn das Konzept so ganz und gar aus dem Ruder gerät, weil Einflüsse von außen dazukommen, an denen wir selbst nichts ändern können, dann wird es zur größten Herausforderung auf allen Ebenen.

In meine Praxis kommen immer mehr solche Frauen, die einfach nicht mehr können. Der Körper, der Geist – beides kann nicht mehr. Ich sage immer: „Gut, dass Sie da sind, auch wenn es besser gewesen wäre, sie wären eher gekommen.“ Aber so ist es in der Regel: Hilfe wird erst in Anspruch genommen, wenn die Not groß genug ist, weil nichts mehr geht.

Die Gründe, so unterschiedlich sie auch sind, so sehr ähneln sie sich auch. Frauen denken, dass sie das alles schaffen müssen. Wieso eigentlich? Wir haben diese Idee, alles schaffen zu müssen, scheinbar mit der Muttermilch aufgesaugt und leben sie richtiggehend aus: „Nur wenn wir am Abend fast Tod umfallen, haben wir etwas geschafft am Tag.“ Wichtig an dieser Stelle: Sie sind damit nicht alleine. Es geht sehr vielen Frauen = Familienmanagerinnen so.

Was hier helfen könnte:

1)      Aufgaben abgeben / delegieren / liegen lassen

Das sollten wir lernen, weil es gut ist, wenn die ganze Familie in Aufgaben einbezogen wird. Dazu sollte eine Liste erstellt werden mit allen großen und kleinen Aufgaben, die den ganzen Tag erledigt werden sollen. Dann wird gemeinsam geschaut, wer was übernehmen kann. Ziel ist dabei auch, zu sehen, wer was  so alles macht. Vieles passiert nämlich bereits nebenher und wird gar nicht mehr aktiv wahrgenommen.

Im zweiten Schritt geht es darum, dass Dinge auch mal liegenbleiben dürfen. Vielleicht ist es ok, dass der Wäschestapel zu Gunsten eines guten Buches oder einer Pilates Stunde mal wartet!

Im Umkehrschluss dürfen Sie alle lernen zu akzeptieren, dass die Dinge von jemand anderem höchstwahrscheinlich anders erledigt werden. Das ist in der Praxis oft sehr schwierig, aber an dieser Stelle unabdingbar.

2)      Kommunikation ist unerlässlich

Bitte sprechen Sie darüber vor allem mit Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin – bevor der Frust zu groß wird und Auswirkungen auf die Beziehung hat. Dabei geht es nicht in erster Linie darum, dass der oder die andere nichts macht oder nicht evtl. auch selbst „überladen“ ist. Aber Verständnis und gegenseitige Wertschätzung können unglaublich viel bewirken.

3)      Eine Tagesstruktur schaffen

Machen Sie sich selbst eine Tagesstruktur und bauen Sie bewusst kurze Pausen ein. Schreiben Sie alles in einen Kalender rein. Das Aufschreiben und Visualisieren sind wichtige Faktoren.

4)      Fehlerfreundlichkeit entwickeln

Sie sind Menschen, keine Maschinen. Seien Sie fehlerfreundlich! Mal was vergessen? Das kann passieren. Mal aus der Haut gefahren? Auch das kommt vor. Wichtig: Kommunizieren Sie das, etwa im Gespräch mit Ihren Kindern, die Sie über alles lieben, die Sie aber auch zur Weißglut bringen können – wer kennt das nicht? Ein einfaches Beispiel: Ihr Kind tut etwas, Sie werden sauer – und laut. Wenn die erste Wut vorbei ist und Sie Zeit hatten, drüber nachzudenken, hilft es ins Gespräch zu gehen und sowas zu sagen wie: „Das, was du gemacht hast, hat Grenzen überschritten oder ist für mich nicht akzeptabel. Gleichzeitig war es falsch, dass ich laut geworden bin und dafür entschuldige ich mich.“ Sie werden sehen, dieser Satz kann Wunder wirken.

Das Gefühl, ausgebrannt zu sein, ist ein Signal der Psyche. Sie gibt das Signal: „So kannst du nicht weitermachen. Ich fahre deinen Körper jetzt runter“. Schauen Sie genauer hin, welche ganz eigenen Wünsche und Bedürfnisse dahinterstecken und sprechen Sie diese aus. Geben Sie ihnen den Raum, den sie brauchen.

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Wie Sie Genuss und Achtsamkeit in den Alltag integrieren

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Die CORONA (Beziehungs-) KRISE