Was Kinder brauchen, wenn sich Eltern trennen oder scheiden lassen? Ein Appell.

  • Redet mit mir, ich kriege schon seit längerer Zeit mit, dass etwas nicht stimmt. Wenn ihr nicht mit mir redet, wachsen meine Fantasien ins Unendliche.

  • Ich weiß, dass ihr mir gegenüber Schuldgefühle habt und es euch schwer fällt, mit mir über eure Trennung zu reden, aber macht es trotzdem.

  • Erklärt mir und meinen Geschwistern in einfachen Worten und nachvollziehbar, warum ihr euch getrennt habt. Ich will nicht alles wissen, werde es auch nicht ganz verstehen, aber ich möchte wenigstens eine Ahnung bekommen.

  • Sagt mir, dass ich nicht schuld bin und dass ich durch mein Verhalten nichts an eurer Entscheidung ändern kann. Dann brauche ich mich nicht so anzustrengen, um eure Aufmerksamkeit zu erlangen.

  • Sprecht mit mir darüber, wie es weitergehen soll. Was wird sich für mich ändern? Was wird so bleiben, wie es ist?

  • Hört euch meine Meinung und meine Wünsche an und beantwortet meine Fragen. Wenn ich schon bei der Trennung nicht gefragt wurde, lasst mich wenigstens meine neue Zukunft mitgestalten.

  • Versucht, mir nicht mehr an Veränderung zuzumuten, als notwendig ist. Mein gewohntes Umfeld hilft mir, besser mit der neuen Situation fertig zu werden.

  • Ich weiß, dass ihr selber mit viel Schmerz und Ärger beschäftigt seid, aber verliert mich dabei nicht aus den Augen.

  • Mich haut die neue Situation einfach um. Ihr habt euch schon länger mit der Trennung beschäftigt und euch darauf einstellen können. Ich nicht.

  • Sagt nicht: „Jetzt mach du uns nicht auch noch Ärger und Sorgen.“ Ich muss loswerden, was ich denke und fühle.

  • Lasst euch nicht täuschen, wenn ich so tue, als sei alles in Ordnung. Ich kann meinen Kummer nur nicht vor euch zeigen. Helft mir, meine Traurigkeit rauszulassen und tröstet mich.

  • Haltet meine Wut, meine Traurigkeit, meine Angst und meine Stimmungsschwankungen aus.

  • Seid geduldig mit mir, wenn ich in der Schule schlechter werde oder andere komische Sachen mache. Ich kann im Moment an nichts anderes mehr denken als an eure Trennung.

  • Seid gerade jetzt besonders zuverlässig und gebt mir Informationen und Halt. Mein Vertrauen in die Menschen, die ich liebe, ist im Moment total erschüttert.

  • Vermittelt mir nicht das Gefühl, ich müsste mich wegen eurer Trennung schämen. Ich weiß, dass es noch viele andere Familien gibt, die auseinander gehen. Das passiert einfach.

  • Erhaltet mir meine Kontaktmöglichkeiten zu meinen Freunden, Verwandten und Gruppen.

  • Ermuntert mich, mit anderen darüber zu reden. Es hilft mir, ohne Rücksicht auf euch, ängstliche Gedanken und Gefühle loszuwerden.

  • Gebt mir Hoffnung und Zuversicht, dass wir alle die Situation schon schaffen werden. Ich habe nämlich große Angst davor, wie es weitergehen wird.

  • Stellt mich nicht vor die Entscheidung: Mama oder Papa. Ich bin damit überfordert, weil ich beide gern habe. Entscheidet ihr und berücksichtigt meine Bedürfnisse.

  • Macht mir klar, dass die Entscheidung, wo ich leben werde, nichts damit zu tun hat, wer mich mehr liebt, sondern wer mehr Zeit und Raum hat, sich um mich zu kümmern.

  • Sagt nicht: „Du bist so wie Mama/Papa“ Ich bin immer ein Teil von Mama und ein Teil von Papa und etwas ganz Eigenes.

  • Ermöglicht mir verlässlichen Kontakt zu euch beiden und tretet nicht in einen Wettstreit um mich. Ich brauche euch beide.

  • Macht eine Besuchsregel aus , die meine Wünsche berücksichtigt , aber seid auch flexibel und erlaubt mir spontane Kontakte zwischendurch.

  • Ich will deinen Ärger und deine Enttäuschung über Mama/Papa nicht hören. Sprich mit anderen Erwachsenen darüber.

  • Lass mich (Mama/Papa) bei meinen Besuchen an deinem Alltag teilnehmen. Ich brauche keine Highlights, sondern möchte zu deinem Leben dazugehören.

  • Manchmal ist es so, dass Mama/Papa bei meinen Besuchen unzuverlässig ist. Besser ich sehe ihn/sie nur manchmal als gar nicht.

  • Frag mich nach den Besuchen bei Mama/Papa nicht aus. Sage ich, „es war schön“, befürchte ich, dich zu verletzen. Sage ich „es war nicht schön“, machst du dir Sorgen.

  • Manchmal lehne ich die Besuche bei Mama/Papa ab, weil ich traurig und wütend bin und gegen die Trennung protestiere.

  • Bleib cool, wenn ich nach Besuchen manchmal wütend und nervig bin. Ich bin manchmal unsicher, ob du noch da bist, wenn ich zurückkomme, oder ob du mich auch wieder abholst, wenn du mich zurückgebracht hast. Ich habe noch Angst, einen von euch beiden zu verlieren, dass einer von euch sich auch von mir „scheiden“ lässt.

  • Benutzt mich nicht als Partnerersatz. Ich bin euer Kind und auf eure Fürsorge angewiesen.

  • Verwöhnt mich nicht und räumt mir nicht alles aus dem Weg, um wieder etwas gut zu machen. Vertraut mir, dass ich eigene Kräfte habe.

  • Wenn ihr eine neue Liebe habt, ist das für mich eine Herausforderung. Ich muss meine Hoffnung auf Wiederversöhnung endgültig begraben. Das tut noch einmal weh. Habt darum Geduld mit mir, bis ich sie/ihn akzeptieren kann.

  • Seid mir nicht böse, wenn ich zu euren neuen Partnern ekelhaft bin. Ich habe Angst, dass ihr jetzt weniger Zeit für mich habt und ich euch an eure neue Liebe verliere. Vielleicht will ich auch wissen, wie ernst es euch mit der neuen Liebe ist.

(aus: „Appelle von Kindern aus Trennungs- und Scheidungsfamilien“ von E. Placke-Brüggemann in: Blickpunkt EFL-Beratung)

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